Was lehrt uns die Positive Psychologie über Mut?

Mut ist ein recht neues Thema in der Positiven Psychologie. Oftmals gibt es Blockaden bei uns Menschen, die uns daran hindern, mutig unseren Lebensweg zu gehen. Das kann unter Umständen negative Folgen hinsichtlich der seelischen Gesundheit haben – der Umkehrschluss ist hier durchaus zulässig: Wer sich traut, mutig zu denken, zu fühlen und auch zu handeln, der ist auf dem direkten Weg, sich selbst kennenzulernen und seinem Herzen zu folgen (Engelmann, 2011). Menschen, die sich als mutig begreifen, fühlen sich gut, denn sie sind nicht nur sich selbst treu, sondern darüber hinaus auch in der Lage, mutig im Zusammensein mit anderen zu kommunizieren. Mut kann aber durchaus auch als Pendant zu Angst verstanden werden, die ihrerseits in vielen Fällen zu psychischen Störungen führen kann, wenn sie überhandnimmt.

Mut hält also an dieser Stelle Einzug in die Positive Psychologie, weil er durch eine Erweiterung der persönlichen Möglichkeiten und Sichtweisen durchaus zu einem optimistischeren Blick auf sich selbst und damit auch im Umgang mit sich selbst führen kann.

Das 7-Zonen-Mut-Modell

Für die Zukunft benötigen wir Mut! Mut, mit dem es uns möglich ist,

  • unsere Angst zu überwinden,
  • neue Wege gehen zu können,
  • uns selbst zu vertrauen,
  • eigene Grenzen zu überwinden,
  • eigene Überzeugungen zu leben,
  • authentisch zu sein,
  • das Leben zu meistern,
  • persönlich zu wachsen,
  • kurzum, in unserer persönlichen Mutzone zu leben.

Der Weg in die persönliche Mutzone gelingt mit fünf bis sechs Schritten, abhängig davon, ob die Klientinnen oder auch wir selbst aus der Angst- oder der Komfortzone starten. Schritt für Schritt geht es in die Mutzone.

Die Angstzone

Das alles dominierende Gefühl in dieser Zone ist Angst, eine der sechs Basisemotionen. Angst hat eine durchaus sinnvolle Funktion: Sie schärft unsere Sinne und hält uns wachsam. Manchmal kann Angst uns blockieren und einengen, weil sie zu viel Raum in unserem Leben hat. Dann sind wir nicht mehr frei, so zu agieren, wie wir es möchten.

Wenn sich Ihre Klientinnen in der Angstzone befinden, können sie ihren Ängsten auf die Spur kommen, denn wer seine Ängste genau kennt und weiß, wie viel Raum sie im eigenen Leben haben, der kann sie auch überwinden. Machen Sie ihnen bewusst: Das Leben ist zu kurz für ein Zuviel an Unsicherheit und Ängstlichkeit.

Die Komfortzone

Komfort klingt nach Behaglichkeit und Gemütlichkeit. Doch ist es in der Komfortzone auch wirklich gemütlich für uns, oder trauen sich Ihre Klientinnen (und wir selbst auch?) nur nicht, neue Wege zu gehen? Wir möchten ja eigentlich, aber … Aus Angst vor Veränderung verharren sie in ihrem Leben, so wie es ist, obwohl sie eigentlich so gern … In der Komfortzone haben sie sich wunderbar mit ihren Lebensumständen arrangiert und fühlen sich sicher. Doch manchmal trügt der Schein und es gefällt ihnen nicht wirklich alles, so wie es ist. Einige Gewohnheiten und Glaubenssätze bremsen sie aus und eine kleine Stimme in ihnen macht sie darauf hin und wieder aufmerksam. Motivieren Sie Ihre Klientinnen, ihrer inneren Stimme Gehör zu schenken. Was möchten sie noch erreichen? Wovon träumen sie? Wonach sehnen sie sich? Machen Sie ihnen klar: Es gibt gute Gründe, sich in die Traumzone zu begeben.

Die Traumzone

Der amerikanische Filmproduzent Walt Disney hatte ein Lebensmotto: »If you can dream it, you can do it!« Es steht dafür, dass man all das erreichen kann, wovon man träumt. Wenn man etwas aus tiefstem Herzen möchte, dann kann es wahr werden. Die Voraussetzung dafür: träumen, träumen, träumen! In den Träumen Ihrer Klientinnen wird klar, welche Ziele sie haben, welchen Weg sie gehen möchten und wo ihre »verlockende« Zukunft liegt.

Machen Sie Ihren Klienten deutlich: Träumen kann man lernen und zum Träumen braucht man Zeit – und diese Zeit hat man in der Traumzone.

Die Selbst-Vertrauenszone

Damit Träume wahr werden können, kann man in der Selbst-Vertrauenszone innehalten und Selbst-Bewusstsein und Selbst-Vertrauen tanken. Damit Ihre Klientinnen nicht an sich zweifeln, sondern einen profunden Überblick über all das erhalten, was in ihnen steckt, machen Sie ihnen in dieser Zone ihre Stärken, ihre Ressourcen, ihre Werte sowie ihre Kompetenzen bewusst. Vermitteln Sie einen Zugang zu den persönlichen Grenzen. So gestärkt, erlangen Ihre Klientinnen einen klaren Zugang zu ihren Mut-Verstärkern.

Die Wachstumszone

Sind Ihre Klientinnen bereit für inneres Wachstum? Lassen Sie sie ihre Träume wachküssen und nun zum Projektmanagerinnen in eigener Sache werden. Sie stellen konkrete Pläne auf, mit denen sie ihre Träume in die Realität umsetzen können. Wie viele Etappen sind erforderlich? Was bringen sie an Ressourcen und Fähigkeiten bereits mit und was benötigen sie noch? Sei es Material, Unterstützung von außen oder Wissen? In einer zweiten Phase sollen die Klientinnen wie wohlwollende Kritikerinnen auf ihre Pläne schauen: Worauf ist zu achten? Was kann noch verbessert werden? Woran sollten sie noch denken?

In dieser Schnittstelle zwischen Traum und Wirklichkeit geht es nur um die Klientinnen und ihre Ideen.

Die Absprungzone

Ja, hier stehen Ihre Klientinnen nun und können sich fragen: Tue ich es oder tue ich es nicht? Um den Absprung in ihre Mutzone zu schaffen, können sie sich einerseits selbst ermutigen und andererseits Unterstützung von Menschen holen, die ihnen sehr wichtig sind. Sie haben einen weiten Weg bis hierher zurückgelegt, sich ihre Träume, Stärken und Kompetenzen bewusst gemacht, kräftig Selbstvertrauen getankt und sind in ihrer persönlichen Absprungzone angekommen. So gestärkt können sie nun frohen Mutes den Sprung in die Mutzone wagen. Versichern Sie ihnen: Nur Mut!

Die Mutzone

In der Mutzone angelangt, leben Ihre Klientinnen ihr Leben nach ihren Wünschen und so, wie sie es sich vorstellen. Sie können peu à peu ihre Persönlichkeit immer weiter entfalten und sich der Unterstützung durch ihr Umfeld sicher sein. So gelingt es, dass Sie sich frei und gleichzeitig geliebt fühlen. Wie Pippi Langstrumpf machen sie sich ihre Welt, wie Sie ihnen gefällt. Wenn Ihre Klientinnen dann eines Tages auf ihr Leben zurückblicken, werden sie sich glücklich fühlen.

 

© Leseprobe aus: Therapie-Tools Positive Psychologie von Bea Engelmann, erschienen bei Beltz.

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