Der Körper – was er uns zeigt und wie er uns in der Therapie hilft [Teil 1]

Kennen Sie diese Situation, dass Ihnen nonverbale Körpersignale bei Ihren Patient:innen auffallen, Sie aber nicht so recht wissen, wie Sie Ihre Beobachtung in die Behandlung integrieren können? Oder hatten Sie schon einmal den Eindruck, dass ein:e Patient:in zwar schon gute Formulierungen findet, um ein »Nein« auszudrücken, er oder sie aber wenig Überzeugungskraft beim Aussprechen vermitteln kann? In beiden Fällen kann es lohnenswert sein, den Körper der Patient:innen in den therapeutischen Prozess miteinzubeziehen. Sie können dann sowohl die explizite Geschichte, das Gesagte, als auch das Implizite, das, was der Körper erzählt, für die Therapie nutzbar machen.

Körperprozesse wahrnehmen und rückmelden

Wenn Sie Körperprozesse mehr in Ihre Arbeit integrieren möchten, gilt es zunächst, den eigenen Blick für den Körper der Patient:innen zu schärfen. Wahrscheinlich sind Sie es gewohnt, dem Erzählten besondere Aufmerksamkeit zu schenken und relevante Kognitionen zu identifizieren. Aber achten Sie auch auf nonverbale Signale, die den Erzählfluss begleiten? Dass Patient:innen z. B. eine wegwerfende Handbewegung machen, sich die Finger kneten, die Beine verschränken, sich bei ihnen die Augen weiten, die Gesichtshaut blass wird oder sich die Atmung verändert? Oder nehmen Sie wahr, wenn sich ein chronifiziertes Körpermuster zeigt, wie z. B. nach vorne gebeugte Schultern, eine verschränkte Sitzhaltung, fehlender oder starrer Blickkontakt? Wann immer Ihnen solche Bewegungen oder Haltungen auffallen, ist es lohnenswert, diese anzusprechen und Ihre Beobachtung rückzumelden. Dabei gilt es, den Patient:innen keine Deutungen »überzustülpen«, sondern mit offener Neugier gemeinsam zu erforschen, was in der Situation passiert: »Während Sie erzählt haben, habe ich beobachtet, dass … Mögen Sie einmal beobachten, was da in Ihnen geschieht?«.

Mit Körperhaltungen und -bewegungen experimentieren

In einem nächsten Schritt können Sie Patient:innen zu kleinen Experimenten einladen. Dabei soll die beobachtete Bewegung oder Haltung intensiviert oder wiederholt werden. Zum Beispiel kann eine kleine Wegwerfbewegung mit der Hand bewusst wiederholt werden oder sie können eine Bewegung immer größer werden lassen. Oder eine Bewegung, wie z. B. das Wippen eines Fußes, soll angehalten werden. Ziel ist es, genau nachzuspüren, was sich in den Körperempfindungen durch diese Experimente verändert und ob dies Einfluss auf das emotionale Erleben hat.

Häufig zeigen sich in diesen Experimenten instinktive körperliche Beruhigungsmuster (z. B. sich den Handrücken streicheln), die auf eine gestiegene emotionale Aktivierung hindeuten. Der Körper sorgt dann selbst für eine Regulation der psychischen Erregung. Ist die Bedeutung eines solchen Musters als Ressource in emotionalen Momenten erkannt, können Patient:innen diese fortan bewusst zur Regulation nutzen. Darüber hinaus kann das Auftreten des Musters in der Therapie angesprochen und die zugrunde liegende Aktivierung bewusst gemacht werden.

Manchmal kommt in kleinen Bewegungen auch ein Handlungsimpuls zum Ausdruck, der erst in der Intensivierung klarer spürbar wird (z. B. das Bedürfnis, sich durch eine abwehrende Handbewegung Raum zu verschaffen). Im explorierenden Austausch mit den Patient:innen können Sie so, neben dem Narrativ, eine weitere Bedeutungsebene zugänglich machen. Diese kann mit dem Erzählten kongruent sein und dieses unterstreichen (»Genau, das will ich so nicht mehr!«) oder die Körpersignale sind inkongruent mit dem Gesagten und weisen so auf wichtige Prozesse hin, die (noch) nicht verbalisiert werden können (»Mir war gar nicht bewusst, wie eingeengt ich mich gefühlt habe!«).

Autorin
 Henn-Mertens-Gisela

Dipl.-Psych. Gisela Henn-Mertens ist niedergelassene Psychologische Psychotherapeutin in Köln und zertifizierte Schematherapeutin. 

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