Mia für PiA: Vom Suchen und Finden. Oder: Was wirklich zählt bei der Bewerbung an einem Ausbildungsinstitut

»Mist, Mist, Mist!«, schimpfe ich leise vor mich hin. Die S-Bahn hat schon 5 Minuten Verspätung und mein Zeitplan wird langsam knapp. Wenn ich ankomme, muss ich noch die richtige Straße finden, dann das richtige Gebäude und dann das richtige Zimmer. Wenn ich in den letzten Wochen etwas gelernt habe, dann, dass so eine Suche immer etwas schwerer fällt als es in den Einladungs-E-Mails klingt: »Kommen Sie einfach am Dienstag, den 10.04., an die Rezeption des D-Flügels und melden Sie sich dort zum Vorstellungsgespräch an.« »Einfach« – jaja. Ich bin auf der Suche nach einem Ausbildungsinstitut. Noch während ich die letzten Zeilen meiner Masterarbeit getippt habe, habe ich parallel meine Institutsbewerbungen zusammengestellt: dicke Umschläge mit Zeugnisunterlagen, Praktikumsnachweisen, Motivationsschreiben. Und da ist die ganze Zeit dieser Gedanke: »Was, wenn es nicht reicht, was, wenn ich Modulpunkte übersehen habe oder mein Motivationsschreiben nicht motiviert genug wirkt?« Auf der einen Seite fühle ich mich freudig aufgeregt, dass ich jetzt eventuell wirklich erfahre, was es heißt, Therapeutin zu sein. Auf der anderen Seite habe ich Angst: Was, wenn ich nicht geeignet bin, diesen Weg einzuschlagen? Wenn die Mühen der letzten Jahre, all das Lernen, Organisieren, all die unbezahlten Praktika, Aufwände für Abschlussarbeiten und Nebenqualifikationen umsonst waren? Während meiner Bewerbungsrecherche habe ich erkannt, dass zwar manche Institute weniger Geld zu Beginn nehmen, dafür aber auch weniger während der Durchführung der zu absolvierenden Praxisstunden am Ende der Ausbildung zahlen. Außerdem auch, auf versteckte Unterschiede zu achten: Was wird für die 900 Stunden freie Spitze anerkannt? Wann finden die Seminare statt – am Wochenende oder auch wochentags? Ich habe noch viele Fragezeichen im Kopf, die meine Internetrecherche nicht beantworten konnten. Wie zum Beispiel läuft es nun genau ab, sich eine Psycholog:innen im Praktikum-Stelle (PiP-Stelle) für die klinische Tätigkeit zu suchen? Woher weiß ich, ob ich bereit bin, eigene Patient:innen zu behandeln? Also habe ich beschlossen, direkt zu den Instituten zu fahren. Manche Institute haben mir auf meine Nachfrage auf ein Kennenlernen angeboten, ihre Informationsveranstaltungen zu besuchen. Andere haben mir geantwortet, ich solle doch gleich für ein Bewerbungsgespräch vorbeikommen. Die meisten Institute nehmen etwa zweimal jährlich Auszubildende an, es dauert also manchmal einige Zeit, bis man sich persönlich vorstellen und ein Bild machen kann.

So langsam werde ich richtig nervös

Doch nun bin ich endlich hier: irgendwo an einer Haltestelle und völlig ohne Orientierung. Aber ich schaffe es doch noch rechtzeitig zum richtigen Gebäude. Angespannt stopfe ich meine Jacke in meinem Rucksack und tausche sie gegen einen Blazer. Sowas trägt man doch schließlich zu einem Bewerbungsgespräch, oder nicht? Ich erwarte ein eher distanziertes, prüfendes Gespräch und bin aufgeregt. Ein bisschen unbeholfen stelle ich mich an der Rezeption vor und werde anschließend zu einem Raum im zweiten Obergeschoss gebracht. Hier wird mich der Institutsleiter in Empfang nehmen. So langsam werde ich richtig nervös – was, wenn ihm auffällt, dass ich vom Therapieren eigentlich noch gar keine Ahnung habe? Ein paar Vorlesungen zur Klinischen Psychologie hatte ich, ja klar, aber ich weiß noch absolut gar nichts dazu, wie eine Therapie so ganz praktisch abläuft. In diesem Moment geht auch schon die Tür auf. »Frau B.?« Der Institutsleiter wirkt zunächst freundlich. Wir geben uns die Hand und ich nehme auf einem Stuhl gegenüber seines Schreibtisches Platz. »Willkommen bei uns im Institut! Ich würde vorschlagen, ich stelle mich und das Institut kurz vor, und dann können Sie ein paar Worte zu sich sagen und mir Ihre Fragen stellen?« Ich schlucke einen sehr trockenen Kloß runter und nicke erleichtert. Das würde mir schließlich ein wenig Zeit geben, um mich zu beruhigen und mir innerlich nochmal ein paar Sätze aus meinem Motivationsschreiben in Erinnerung zu rufen. Außerdem überlege ich, was ich antworten kann, wenn ich gefragt werde, welche Störungsbilder ich bisher schon bei Patient:innen kennengelernt habe. Hoffentlich fallen mir genug ein! Nachdem er sich vorgestellt hat, beginnt er, über das Institut zu sprechen. Ehrlich gesagt wirkt das, was er mir erzählt, ein bisschen, als wolle er Werbung für sein Institut machen. Er erklärt mir, welche Finanzierungsmöglichkeiten ich habe und lobt auch seine Dozent:innen in den höchsten Tönen. Es gäbe vielfältige Kooperationsmöglichkeiten mit verschiedenen Kliniken und die Therapieräume und die Bibliothek seien auf dem neuesten Stand. Ich nicke und mache mir hier und da eine Notiz. »Und nun zu Ihnen! Was hat Sie bewegt, eine Therapieausbildung beginnen zu wollen?«. Ich bin inzwischen kaum noch aufgeregt. Der Institutsleiter scheint, eigentlich genau wie ich, sehr bedacht darauf zu sein, ein gutes Bild abzugeben. Na klar, denke ich mir. Ich würde seinem Institut auch ganz schön viel Geld zahlen. Im Grunde wollen wir beide den jeweils anderen überzeugen.

Worauf es ankommt …

Vielleicht kommt es in diesem Gespräch also gar nicht so richtig darauf an, mich gut zu verkaufen. Sondern vielmehr darum herauszufinden, ob dieses Institut gut zu mir passt. Ich fühle mich erleichtert und erzähle ihm, was eine Therapieausbildung für mich so spannend macht. Da ich mir dazu schon viele Gedanken gemacht habe, gehen mir diese Punkte eigentlich sehr leicht von den Lippen. »Und was, denken Sie, sind Ihre therapeutischen Stärken und wo sehen Sie Herausforderungen auf sich zukommen?« – darüber habe ich mir bisher noch gar nicht so richtig Gedanken gemacht. Ich denke nach. »Ich denke, dass mich andere Menschen wirklich interessieren. Ich kann sehr gut mit meiner vollen Aufmerksamkeit bei Anderen sein«, ich pausiere. »Vielleicht liegt meine Herausforderung als Therapeutin auch genau dort: zu lernen, nicht die Wünsche des oder der Anderen schon vorweg nehmen zu wollen, sondern mich offen auf eine Begegnung einzulassen.« Verrückt, denke ich. Das passt ja wirklich sehr gut zu dieser Bewerbungssituation. Der Institutsleiter nickt und lächelt verständnisvoll. Anschließend geht es sofort weiter mit meinen Fragen zum Institut. Ich erfahre einiges zum Thema Geld. Die Kosten sind vergleichsweise hoch (Contra), für die Therapiesitzungen im praktischen Teil bekommt man aber einen höheren Betrag ausgezahlt als üblich. Insgesamt ein Pro! Und dass die Seminare hier in Blockseminaren an Wochenenden stattfinden, gibt mir mehr Flexibilität für einen Job neben der Ausbildung in der Woche. Pro! Er teilt mir mit, dass er die Voraussetzungen für meine Eignung bereits in meinen Zeugnisunterlagen geprüft hat, das sei ja Sache des jeweiligen Bundeslands, und er zudem menschlich einen sehr guten Eindruck von mir habe.

Es muss einfach passen

Gut gelaunt verlasse ich das Büro (Pro). Das Institut scheint als erste Option schon mal recht gut zu mir zu passen, stelle ich erleichtert fest. Ich möchte mir aber die Zeit nehmen, noch ein paar weitere anzuschauen, um am Ende das Institut zu wählen, das für mich am besten passt. Schließlich gehe ich mit dieser Wahl eine große Verpflichtung ein. Ich zücke mein Handy, um meinen Freund:innen Bescheid zu geben, wie es gelaufen ist. Da wird mir klar: Ein riesiges wichtiges Pro ist für mich, meinem Freundeskreis nah zu sein. Schließlich kommen einige Herausforderungen auf mich zu, für die ich einiges an Unterstützung benötigen werde. Ich merke, dass ein reines Abwägen der Fakten nicht ausreicht. Meine Pro-Contra-Liste soll auch emotional gewichtet sein. Und am Ende muss das Institut eben auch zu mir passen und nicht nur ich zu ihm.

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