Schlafstörungen vorbeugen: Tipps für Nachtarbeiter

Die innere Uhr des Menschen ist auf einen Wechsel von Tagesaktivität und Nachschlaf eingestellt, der sich an der Sonne orientiert. Schichtarbeit oder Nachtarbeit führen deshalb oft zu gestörtem oder unzureichendem Schlaf, verminderter Konzentrationsfähigkeit und zu einem erhöhten Unfallrisiko. Langfristig steigen die Risiken für Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und andere chronische Gesundheitsprobleme.

Dennoch sind Schichtarbeiter in vielen Branchen unverzichtbar: Ausschließlich konventionelle Arbeitszeiten sind vor allem in Krankenhäusern, bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst undenkbar. Aber auch in anderen Branchen wie Sicherheitsdiensten, der Reisebranche und einigen Industriezweigen gehören Wechselschichten zum Job dazu. In unserer Leseprobe zeigen wir Strategien auf, wie die (negativen) Auswirkungen von Nachtarbeit begrenzt und Schlafstörungen vorgebeugt werden können.

Verhaltensempfehlungen für Nachtarbeit

Unter chronobiologischen Gesichtspunkten fällt für viele das Schlafen am Tage bei steigender Körperkerntemperatur, geringer Melatonin- und hoher Kortisolkonzentration von allen Schichtarten am schwersten. Eulen kommen mit Nachtschicht besser zurecht als Lerchen.

  • Unter der Geräuschkulisse des Alltags kann das Schlafen im Schlafzimmer erschwert sein: Ohrstöpsel, eine Augenbinde oder eine kontrollierte Geräuschkulisse in Form eines Radios, Musik oder einer Entspannungs-CD können vor Geräuschen und Helligkeit schützen. Optimalerweise liegt das Schlafzimmer in einem ruhigen Teil der Wohnung, nicht neben der Küche oder dem Bad. Telefon und Türklingel sind nach Möglichkeit abgestellt.
  • Keine bedeutsamen körperlichen Anstrengungen und Sport vor dem Zubettgehen am Morgen. Fahren Sie aus diesem Grunde bei Nachtschicht nach Möglichkeit nicht mit dem Fahrrad zur Arbeit oder legen längere Strecken zu Fuß zurück.
  • Tragen Sie zum Schutz vor Sonnenlicht und zur Förderung des körpereigenen Melatonins auf dem Nachhauseweg eine getönte Brille. Aber Vorsicht: Sollten sie zu müde am Steuer werden, setzen Sie die Brille ab.
  • Schalten Sie am Morgen rechtzeitig von der Arbeit ab, entpflichten Sie sich. Gehen Sie nicht ins Bett, um zu schlafen, setzen Sie sich nicht unter Druck! Bedenken Sie die Regel: Wer schlafen will, bleibt wach!
  • Stehen Sie nach einer Nachtschicht erst zum zuvor festgesetzten Zeitpunkt auf und beginnen Ihr Tagewerk auch bei Schlaflosigkeit nicht früher!
  • Bei Nachtschicht empfiehlt sich ein zweizeitiges Schlafen. Eine Hauptschlafphase am Vormittag von ungefähr 4 bis 5 Stunden, direkt nach der Nachtschicht. Eine zweite Schlafphase von 1 bis 2 Stunden am Abend kurz vor Schichtbeginn. So kommen Sie am besten durch die Nachtschicht, da Sie am Abend Schlafdruck und müde machendes Adenosin noch einmal abbauen. Sollte die familiäre Situation am Abend keinen Schlaf ermöglichen, schlafen Sie vormittags ausreichend. Optimalerweise führen Sie ein kleines Nickerchen vor der Nachtschicht ein.
  • Kleine Nickerchen – insofern arbeitstechnisch möglich – von 10 bis 20 Minuten Dauer während der Nachtschicht, zuvor eine Tasse Kaffee, können die Wachheit über die Nacht fördern. Koffein in der zweiten Hälfte der Nachtschicht kann den nachfolgenden Schlaf am Tage stören. Trotzdem sollten Sie während der Nachtschicht mit Koffein und anderen Stimulanzien zurückhaltend umgehen.
  • Nehmen Sie während der Nachtschicht nur kleine und leichte Mahlzeiten zu sich. Vermeiden Sie schweres, fettes und kohlenhydratreiches Essen.
  • Vermeiden Sie Alkohol während der Nachtschicht.
  • Helles Licht während der Nachtschicht wirkt leistungssteigernd und wachmachend, sollte aber 2 Stunden vor Arbeitsende gedimmt oder der Blaulichtanteil in der Beleuchtung ausgefiltert werden. Auf dem Nachhauseweg kann eine Sonnenbrille gegen das helle Licht getragen werden.
  • Nach der letzten Nachtschicht schlafen Sie so wenig wie möglich, um rasch wieder in den normalen Rhythmus zu kommen.
  • Nach der letzten Nachtschicht können mehrere Nickerchen über den Tag verteilt die Müdigkeit infolge des verkürzten Schlafes vertreiben. Nickerchen nach 15 Uhr sind zu vermeiden.
  • Falls möglich, nie mehr als 3 Nachtschichten am Stück. So stellt sich Ihr Körper weniger um.

 

Leseprobe aus: Binder • Schöller • Weeß, Therapie-Tools Schlafstörungen. Beltz, 2020