Emotionale Pulverfässer in der Familientherapie entschärfen

Die psychotherapeutische Behandlung einzelner Patient:innen ist oftmals schon anspruchsvoll genug und nicht selten von vielfältigen herausfordernden und schwierigen Situationen geprägt. Kommen im Kontext einer Familien- oder Paartherapie dann weitere Personen mit ihren ganz eigenen Persönlichkeits- und Kommunikationsstilen sowie emotionalen und psychischen Problemen hinzu, kann die Situation schnell eine komplexe Dynamik mit sich potenzierenden Problemen erfahren und unauflösbar erscheinen. Egal ob bei Familien- mit Geschwisterkonflikten oder zerrütteten Paaren mit Eheproblemen – persönliche (verbale und körperliche) Angriffe, Zankereien, Vorwürfe und Streit sind in Therapiesitzungen keine Seltenheit. Solche »emotionalen Pulverfässer« zu entschärfen ist eine der zentralen Aufgaben der Therapeut:innen in der Paar-, Familien- und Elternarbeit.

Strategien für schwierige Familiensitzungen

Ruhe bewahren

Auch kritische Situationen gehören zur Arbeit mit Eltern und Familien. Bewerten Sie solche Situationen nicht als »Drama«, sondern als einen Teil Ihres Arbeitsalltags, der etwas anstrengender ist als gewohnt. Atmen Sie durch, versuchen Sie Ruhe auszustrahlen und schalten Sie einen Gang zurück. Wenn es Ihnen gelingt, ruhig zu bleiben, ist es auch für die Familien möglich, sich zu beruhigen. Sollte es zu körperlichen Übergriffen kommen, trennen Sie die betroffenen Parteien voneinander – Sicherheit geht vor. (»Es ist ganz normal, dass es in der therapeutischen Arbeit auch zu Konflikten kommt. Das bekommen wir gemeinsam wieder hin.«)

Emotionen validieren

Auch wenn das Verhalten einer Familie in einer Gesprächssituation nicht angemessen ist, hat dies doch meist einen nachvollziehbaren Hintergrund. Wenn Sie diesen aufgreifen und der Familie vermitteln, dass ihr emotionales Erleben nachvollziehbar ist, müssen Familienmitglieder ihre Emotionen nicht länger durch extreme Verhaltensweisen ausdrücken. Dies gilt auch, wenn Eltern zum Beispiel wütend werden, wenn Verhaltensweisen ihres Kindes kritisch hinterfragt werden. (»Ich finde es beeindruckend, wie Sie hier für Ihr Kind kämpfen, wenn ich es kritisiere. Gerade diese Haltung zeigt mir, dass Sie bereit sind, viel dafür zu tun, damit Ihr Kind sich positiv entwickeln kann.«)

Eigene Ziele reflektieren

Was ist Ihr Ziel für das aktuelle Gespräch? Ist es wirklich notwendig, jetzt und hier die richtige Lösung für das Problemverhalten zu finden, oder geht es vielmehr darum, eine positive Beziehung zur Familie aufrechtzuerhalten? Prüfen Sie, mit welchem Ergebnis Sie das Gespräch beenden möchten.

Grenzen setzen

Wenn körperliche Übergriffe stattfinden oder verbale Übergriffe trotz Erinnerung an die Gesprächsregeln nicht beendet werden, brechen Sie das Gespräch ab. (»Unter diesen Umständen sehe ich heute keine Möglichkeit, Lösungen für Ihre beschriebenen Probleme zu finden. Ich möchte das Gespräch an dieser Stelle abbrechen, lassen Sie uns einen neuen Termin vereinbaren.«)

© Leseprobe aus: Therapie-Tools Eltern- und Familienarbeit von Franz Petermann, erschienen bei Beltz. 
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