Jeder Therapeut/ Jede Therapeutin kennt es: Trotz guter therapeutischer Beziehung und beidseitiger Veränderungsbereitschaft kann eine Therapie ins Stocken geraten. Klient:innen haben kognitiv vieles verstanden, aber der Transfer in den Alltag gelingt nicht, Rückfälle in alte Muster treten auf, und Fortschritte bleiben aus.
Genau hier können Impact-Techniken helfen. Sie setzen neue Impulse, bringen Schwung in die Therapie, lösen festgefahrene Situationen und machen Veränderung spürbar. Sie ermöglichen tiefgehende Erfahrungen, indem sie verschiedene Sinneskanäle ansprechen, und unterstützen nachhaltige Veränderungsprozesse. Erfahren Sie, wie Sie mit diesen einfachen Mitteln Ihre therapeutische Arbeit bereichern können.
Warum Impact-Techniken sinnvoll sind
Veränderung braucht mehr als Einsicht – sie braucht Erfahrung. Impact-Techniken nutzen gezielt Symbolik, Bewegung, Musik und Sinnesreize, um neue Erkenntnisse nicht nur kognitiv, sondern auch körperlich und emotional spürbar zu machen. Im Gegensatz zu rein sprachbasierten Methoden sprechen sie mehrere Ebenen gleichzeitig an. Dadurch hinterlassen sie einen bleibenden Eindruck und helfen Klient:innen, neue Perspektiven und Erkenntnisse nicht nur zu verstehen, sondern auch zu erleben und zu fühlen.
Impact-Techniken sind wissenschaftlich fundiert, nutzen neurobiologische Prinzipien und beziehen sogar die Wirkfaktoren nach Grawe mit ein. Sie sind methodenübergreifend und leicht umzusetzen.
Für wen Impact-Techniken geeignet sind
Impact-Techniken lassen sich in alle therapeutischen Verfahren integrieren. Sie können in verschiedenen Therapiephasen genutzt werden und entfalten je nach Thema, Zeitpunkt und Persönlichkeit der Beteiligten ganz unterschiedliche Wirkung.
Viele Impact-Techniken wirken fast spielerisch und bringen Leichtigkeit in den Therapiealltag. Gleichzeitig sind sie hocheffektiv: Die verwendeten Gegenstände begegnen uns im Alltag überall und erinnern an therapeutische Inhalte – so wird die Therapie über die Sitzungen hinaus wirksam. Impact-Techniken sind flexibel einsetzbar und lassen Raum für Kreativität – oft braucht es nicht mehr als Alltagsgegenstände, die sich in jedem Haushalt oder jeder Praxis finden.
Fünf einfache und wirkungsvolle Impact-Techniken für die Praxis
Hier sind fünf Techniken, die häufige psychotherapeutische Themen aufgreifen. Sie lassen sich unkompliziert und ohne viel Vorbereitung in den Praxisalltag integrieren.
1. Die Bonboniere – Selbstwert sichtbar machen
Die Steigerung und Stabilisierung des Selbstwerts ist ein wichtiger Baustein in fast jedem Therapieverlauf. Viele Klient:innen nehmen ihre Fortschritte und Fähigkeiten kaum wahr oder es fällt ihnen schwer, Lob und Komplimente anzunehmen. Diese Übung hilft, Positives zu sammeln und in schwierigen Phasen darauf zurückzugreifen.
So geht’s:
Der/ Die Klient:in sammelt in einem Einmachglas Zettel mit schönen Erlebnissen, eigenen Fähigkeiten oder positivem Feedback. Falls es ihm/ihr schwerfällt, diese Ereignisse zu erkennen, können zunächst einige Zettel gemeinsam beschrieben werden und auch der/die Therapeut:in kann wertschätzende Zettel beisteuern. Das Glas sollte zuhause an einem sichtbaren Ort stehen, um täglich an das Gute zu erinnern – es wird zur »Bonboniere«. In belastenden Phasen kann der/die Klient:in daraus ziehen, um sich an die eigenen Stärken und schöne Momente zu erinnern. Der wachsende Inhalt im Glas verstärkt Motivation und positive Selbstwahrnehmung.
2. Der Tunnelblick – Perspektivwechsel mit der Küchenrolle
Bei vielen psychischen Beschwerden führt ein eingeschränkter gedanklicher Fokus dazu, dass positive oder neutrale Erfahrungen ausgeblendet werden. Diese Übung durchbricht diesen negativen Fokus und öffnet den Blick wieder für eine ausgewogene Wahrnehmung.
So geht’s:
Der/Die Klient:in betrachtet einen belastenden Gedanken, der auf ein Whiteboard geschrieben wurde, durch eine Küchenrolle. Ihr Sichtfeld ist dadurch stark eingeschränkt. Sie beschreibt, was sie sieht und wie sie sich dabei fühlt – typischerweise wird eine Einengung wahrgenommen. Der/Die Therapeut:in weist darauf hin, dass es außerhalb der Rolle mehr zu entdecken gibt, und erfragt einen Verhaltensimpuls. Anschließend legt der/die Klient:in die Rolle ab und erlebt unmittelbar ein Befreiungsgefühl. Dies verdeutlicht, wie Gedankenmuster den Blick auf die Welt beeinflussen, und fördert einen Perspektivwechsel. Die Küchenrolle kann als Erinnerungshilfe mit nach Hause genommen werden.
3. Der Bodyguard – Aufbruch von Vermeidung
Vermeidung kann kurzfristig Sicherheit geben, schränkt jedoch langfristig ein. Diese Übung macht die Begrenzung durch Vermeidung körperlich spürbar.
So geht’s:
Der/Die Therapeut:in stellt sich wie ein Bodyguard schützend vor den/die Klient:in und fragt: »Wie fühlen Sie sich dahinter?« Anfangs überwiegt das Gefühl von Sicherheit und Schutz, doch mit weiteren Fragen wird die Begrenzung und Einschränkung greifbar. Der/Die Klient:in spürt die Kosten der Vermeidung. Durch aktives Handeln – etwa den/die Therapeut:in zur Seite zu schieben – erfährt der/die Klient:in ein Befreiungsgefühl und entwickelt neue Impulse für Veränderung. Selbstwirksamkeit und Lösungsorientierung werden gestärkt.
Wichtig: Bei Klient:innen mit Gewalterfahrungen sollte diese Übung mit Bedacht eingesetzt und vorher Einverständnis eingeholt werden – alternativ kann z.B ein Stuhl als »Bodyguard« dienen.
4. Leiser soll der Kritiker sein – den inneren Dialog verändern
Menschen mit einem starken, destruktiven, inneren Kritiker erleben belastende Gedanken oft als überwältigend. Die Selbstwahrnehmung wird massiv negativ beeinflusst. Diese Übung hilft, destruktive Gedanken zu relativieren und eine wohlwollendere innere Stimme zu stärken.
So geht’s:
Zunächst werden typische selbstabwertende Gedanken gesammelt und als Sprachnotiz aufgenommen. Der/Die Klient:in hört die Aufnahme auf höchster Lautstärke an. Schrittweise wird die Lautstärke verringert, bis die Worte kaum noch hörbar sind. Dabei wird reflektiert, wie sich das Erleben verändert. In einem zweiten Durchgang werden positive, stärkende Sätze aufgenommen. Diese werden nun schrittweise immer lauter abgespielt. Der/Die Klient:in erlebt bewusst, wie stärkende Gedanken die Selbstwahrnehmung positiv verändern können. Die Übung sollte regelmäßig zu Hause wiederholt werden. Dadurch kann langfristig ein neuer, hilfreicher innerer Dialog entstehen.
5. Therapiepflanzen – Mit dem Fortschritt wachsen
Manche Klient:innen sind ungeduldig mit ihrem Therapieprozess oder nehmen Fortschritte kaum wahr. Diese Übung macht Veränderung sichtbar und erinnert im Alltag an therapeutische Ziele. Über die Therapie hinaus kann die Pflanze als liebevoller Begleiter wirken und nachhaltig zu weiteren Veränderungen ermuntern.
So geht’s:
Therapeut:innen bringen eine kleine Pflanze mit oder ermuntern den/die Klient:in, sich selbst eine anzuschaffen. Dabei eignen sich besonders pflegeleichte Pflanzen, wie z.B. Sukkulenten. Die Pflanze steht symbolisch für die Therapie: Sie wächst langsam, braucht Pflege und Aufmerksamkeit – genau wie persönliche Entwicklung. Der Blumentopf kann kreativ gestaltet werden, um die Verbindung zur eigenen Veränderung zu verstärken. Die Pflanze begleitet den/die Klient:in über die Therapie hinaus und erinnert daran, dass Fortschritt stetig, aber nicht immer sofort sichtbar ist. Gleichzeitig kann die Pflanze als liebevoller Begleiter wirken und nachhaltig zu weiteren Veränderungen ermuntern.
Positive Veränderungen durch Impact-Techniken erleben
Impact-Techniken machen Therapie lebendig, umgehen Widerstände und helfen Klient:innen, Veränderungen nicht nur zu denken, sondern auch zu erleben. Sie ergänzen klassische Therapieansätze und ermöglichen nachhaltige Entwicklungen. Nutzen Sie diese Methoden gezielt und passen Sie sie an die individuellen Bedürfnisse Ihrer Klient:innen sowie an Ihre eigene Therapeutenpersönlichkeit an. Schnell werden Sie merken, wie die Impact-Techniken den Therapiealltag bereichern – und wie viel Freude es bereitet, mit ihnen zu arbeiten!
Exklusiver Live-Vortrag
Erleben Sie Björn Vüst am 24. Mai 2025, in einem ganztägigen Webinar zum Thema »Impact-Techniken aus der Praxis für die Praxis« im Rahmen unserer akkreditierten Webinar-Reihe.
Die Autor:innen

Lena Mennekes, M.Sc. Psychologin, ist Psychologische Psychotherapeutin in der Privatpraxis Wendenburg & Kollegen in Düsseldorf und der Privatpraxis Kriegler & Rohde in Essen.
Nicola Wendenburg, Dipl.-Psych., ist Psychologische Psychotherapeutin, Supervisorin, Dozentin und Coach, in der Psychotherapeutischen Privatpraxis Wendenburg & Kollegen in Düsseldorf tätig.
Björn Vüst, M.Sc. Psychologe, ist Psychologischer Psychotherapeut in der Privatpraxis für Psychotherapie und Coaching Wendenburg & Kollegen in Düsseldorf.
Von den Autor:innen ist 2025 das »Therapie-Tools Impact-Techniken im Einzelsetting« erschienen.