Beziehungskonflikt: Finanzen. Der ewige Streit ums Geld

Michael und Maria, beide Mitte 30, sitzen mit verspannten Mienen im Wartezimmer, als Sie sie hereinbitten. Auf Ihre Frage, was das Paar denn zu Ihnen führe, ergreift Maria das Wort: »Unser Problem lässt sich einfach in einem Wort zusammenfassen: Geld! Bei uns zu Hause läuft es ziemlich ›klassisch‹ – Michael bringt das Geld nach Hause, ich kümmere mich um Haushalt und Kinder. Das wäre auch okay für mich, wenn er mich nicht ständig kontrollieren und kritisieren würde! Letztens hat er mich, nachdem ich einkaufen war, mit dem Kassenzettel in der Hand regelrecht zur Rede gestellt und gefragt, wie es sein kann, dass ich schon zum zweiten Mal in zwei Wochen für über 80 Euro im Supermarkt einkaufen war. Und er wirft mir vor, dass ich Geld verschwende, wenn ich tagsüber Wäsche wasche statt die Waschmaschine nachts zum Nachtstromtarif laufen zu lassen. Und wissen Sie, was er verdient? Ich kann es Ihnen sagen, das—« In dem Moment unterbricht Michael: »Das tut hier gar nichts zur Sache. Egal wieviel man verdient – Verschwendung muss nicht sein. Und wenn ich das Geld nach Hause bringe, dann kann ich da auch nicht tatenlos zusehen. Ich arbeite jeden Tag hart für unseren Lebensunterhalt und—« – »Was soll das heißen? Meinst du, ich arbeite hier nicht? Glaubst du, hier zu Hause alles am Laufen zu halten, ist ein Zuckerschlecken? Nur weil du die Kohle anschleppst, brauchst du nicht zu glauben, dass du alles bestimmen kannst. Ich weiß hier schon, was ich tue. Du würdest dich auch aufregen, wenn ich bei dir im Büro auftauchen und dir sagen würde, wo es jetzt lang geht.« – »Das ist doch Quatsch und man kann das gar nicht vergleichen. Ich kenne mich zu Hause genauso gut aus wie du. Deine—« – »Unverschämtheit! Sehen Sie? Das macht er die ganze Zeit mit mir, tut so, als wäre das, was ich leiste, Pillepalle. Aber eigentlich ist das nur die Spitze des Eisbergs. Alles, was mit Geld zu tun hat, ist bei uns ein einziger Krampf. Ich habe keinen Einblick in sein Konto, auf das Haushaltskonto überweist er monatlich 400 Euro, und für jedes Extra muss ich dann bei ihm angekrochen kommen und betteln. Das geht mir so unglaublich auf die Nerven! Ich komme mir manchmal wie eine Haushälterin ohne eigene Rechte vor.«

Wenn zwei Menschen sich zu einem Paar zusammenfinden, dann hat das je nach Lebensmodell unterschiedlich einschneidende Konsequenzen. Wenn es das gewählte Modell verlangt, dann können sich für das Paar sehr weitreichende organisatorische Abstimmungsnotwendigkeiten ergeben – Leben will organisiert werden, und wenn man es gemeinsam bestreitet, dann können die scheinbar profanen Dinge des Alltags sehr zentrale Bedeutung erhalten. »Liebe« und »Romantik« sind semantisch so weit entfernt von »Geld« und »Finanzen«, aber im Partnerschaftsalltag kommt beides einander häufig wesentlich schneller nah – und damit ins Gehege – als erwünscht. Viele Autoren benennen finanzielle Schwierigkeiten als eines der prominentesten Themen in Paarberatungen (Rappleyea et al., 2014; Durband et al., 2010). Gleichzeitig wird dieses Thema in Ausbildungen für Paartherapeutinnen und Beraterinnen sehr vernachlässigt bis hin zu gar nicht behandelt, weshalb sich viele Therapeuten, wenn es um Geld geht, überfordert und hilflos fühlen (Rappleyea et al., 2014).

Der organisatorische Charakter der finanziellen Situation nährt mitunter die Illusion, dass sich alle hier entstehenden Fragen doch »vernünftig« klären lassen sollten – schließlich geht es um einen Bereich, in dem Begriffe exakt definiert und Sachverhalte in Euro und Cent messbar sind. Hinzu kommt, dass Partnerschaften heutzutage unter einem hohen Gerechtigkeits- und Gleichberechtigungsanspruch stehen (Weber, 2013), was noch einmal mehr die Vermutung nahe legt, es dann doch auch »gerecht« lösen können zu müssen. Diese Idee scheitert jedoch zumindest in Ansätzen schon an einer nach wie vor weitgehend ungerechten Realität. Denn auf der einen Seite steht »Gleichberechtigung« zwar bei allen Parteien, Organisationen, Institutionen, Firmen etc. ganz weit oben in der Selbstbeschreibung, doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Nach wie vor sind Frauen in z. B. ihren Karrierechancen durch die Familiengründung stärker benachteiligt. Das zeigt sich nicht nur in solch unveränderbaren Tatsachen wie zum Beispiel darin, dass es nun einmal die Frauen sind, die die Kinder zur Welt bringen und dadurch biologisch bedingt in aller Regel deutlich stärker involviert sind, sondern auch in prinzipiell sehr wohl veränderbaren Aspekten wie den unterschiedlichen Gehältern von Mann und Frau. Der sogenannte »gender pay gap« ist in Deutschland seit Jahren mehr oder weniger konstant und weist für Frauen im Vergleich zu Männern Gehaltsnachteile von im Mittel 22 Prozent auf (Boll & Leppin, 2014). […]

In der Regel stellen wir aber des Weiteren fest, dass es bei Paaren, die finanzielle Streitigkeiten als Anlass des Besuchs beim Therapeuten angeben, so gut wie immer um andere und hinter dem Geld stehende Probleme geht. Besser gesagt: Der Streit ums Finanzielle ist in entscheidendem Umfang auch ein Stellvertreterkrieg, dessen wahre Natur erst einmal erschlossen werden muss, bevor Veränderung möglich ist. […]

Streit ums Geld – worum geht es eigentlich?

Die Gründe, die in Partnerschaften zu Schwierigkeiten führen können, die auf der finanziellen Bühne ausgetragen werden, sind sehr vielfältig. Die Arbeit mit dem Paar kann nicht erfolgreich verlaufen, wenn die Therapeutin sich vom Paar direkt in einen »Zank« ums Geld verwickeln lässt. Wie auch bei anderen Problemen regelhaft werden beide Partner häufig versuchen, die Therapeutin für die jeweils eigene Perspektive zu gewinnen und zum Argumentationshelfer zu funktionalisieren (»Sie als Frau finden doch bestimmt auch, dass der Mann Einblick in sein Konto geben sollte, oder?«). So bald wie möglich sollte die Therapeutin hier einschreiten und darauf hinleiten, dass es in erster Linie darum geht, zu prüfen, worauf genau die Probleme zurückgehen. […]

Wir schildern im Folgenden nun die unterschiedlichen Konstellationen, die aus unserer Erfahrung am häufigsten zu Streit ums Geld führen. Es sind aber natürlich auch noch andere Konflikte möglich, die es dann individuell mit dem Paar herauszufinden gilt.

Die Formulierungsbeispiele im nächsten Abschnitt werden dem Titel entsprechend für »Geld als Liebesbeweis« formuliert und auf den entsprechenden Partner zugeschnitten (»Wenn du mich wirklich lieben würdest, dann würdest du mir mehr Haushaltsgeld geben!«). Für den anderen Partner kann die Dynamik ähnlich (»Und wenn du mich wirklich lieben würdest, dann würdest du unser Geld nicht so aus dem Fenster werfen!«) oder aber auch völlig unterschiedlich sein (»Wenn du Respekt vor mir und meiner Arbeit hättest, dann würdest du das Geld, das ich sauer verdient nach Hause schleppe, nicht so aus dem Fenster werfen!«). Dies muss in der Therapie bei der Ableitung des für das Paar kennzeichnenden Bedürfnismodells berücksichtigt werden. Es ist somit hilfreich, die in den folgenden Abschnitten beschriebenen Einzelmotive zu kennen und sie in der Arbeit mit einem konkreten Paar angemessen miteinander zu kombinieren.

Wir werden im Einzelnen darauf eingehen, welche Interventionsansätze bei welchem konkreten Bedürfnis helfen können. Dies betrifft die Therapie auf der jeweiligen Bedürfnisebene, also im Aufgreifen der dem Finanzstreit zugrundeliegenden Basis. Neben dieser die jeweilige Paardynamik spezifisch beantwortenden Interventionsstrategie ist es darüber hinaus aber in vielen Fällen auch hilfreich, dem Paar auf organisatorischer Ebene in einer Mischung aus Edukation und geleitetem Entdecken gute Strategien zum alltagsorientierten Umgang mit Geld aufzuzeigen. Dies sollte aber eben erst nach der Arbeit an den eigentlichen Bedürfnissen angegangen werden, weil davor ein »rationales« Aushandeln von konkreten Umgangsweisen mit Geld sehr dadurch erschwert wird, dass die Partner in konkreten Vereinbarungen oder Ideen viel mehr sehen als eben nur das sachliche Verwalten des Geldes.[…] Zuerst müssen die Bedürfnisse geklärt und so gut wie möglich befriedigt werden, anschließend kann über »Dinge« gesprochen werden. Diesen Aspekt werden wir im letzten Abschnitt beschreiben und Ideen vermitteln, die aus unserer Sicht »sachlich hilfreich« sein können, um als Paar mit Finanzen einen guten Umgang zu finden.

Finanzen als Beweis der Liebe

»Bei Geld hört die Freundschaft auf«, glauben viele und im Weiteren nicht nur die Freundschaft, sondern auch die Liebe. In der logischen Konsequenz deuten dann viele Menschen das als problematisch wahrgenommene Verhalten des Partners als »fehlende Liebe«. Die finanzielle Situation, der Umgang mit dem Geld wird nicht »pragmatisch« auf partnerschaftlicher Ebene »verhandelt«. Der Bedeutungsraum ist viel größer und umfasst mitunter die gesamte Liebesbeziehung nach dem Motto: »Wenn du mich wirklich lieben würdest, dann würdest du dein Erbe mit mir teilen/keine Grenze ziehen, wenn es um Finanzen geht / für mich aufkommen/…«. Die dahinter stehende Sehnsucht ist häufig die nach einer »bedingungslosen Liebe«, in der es keine Grenzen und keinen Unterschied gibt, sondern eine »Verschmelzung« auf allen Ebenen, eben auch auf der finanziellen. Nur das Gemeinsame zählt und wahre Liebe kennt keine Grenzen. Unterschiede werden hier als Gefahr, also Bedrohung der Liebe und als »Beweis« gegen die Liebe erlebt.

Menschen, die die Abgrenzung des Partners als Beweis dafür sehen, dass er sie nicht wirklich und wahrhaftig liebt, fühlen sich oftmals auch in anderen Situationen nicht geliebt und erleben diese Situation als weiteres »typisches Verhalten«. Oftmals sind diese Paare bereits einige Jahre zusammen und der »Enttäuschungsrucksack« ist bereits randvoll gepackt. Sich über das Geld zu streiten ist dann teilweise leichter als über die Enttäuschungen und offenen Bedürfnisse zu sprechen, was voraussetzen würde, sich zu öffnen und damit auch verletzlich zu zeigen. Viele glauben zunächst einmal auch tatsächlich selbst daran, dass es ihnen um das Geld gehen würde und dass dieses Thema die Ursache des eigenen Ärgers ist. Dass eigentlich andere, tiefer liegende unerfüllte Bedürfnisse dahinter stehen, wird dann oft erst in der näheren Auseinandersetzung im Gespräch klar und überrascht nicht selten auch die betroffene Person selbst. […]

Gerade über die Herstellung von Bezügen zu anderen »Liebesbeweisen« kann es in der Klärung mit solchen Paaren gut gelingen, dem Konflikt auf die Spur zu kommen, der dem Geldstreit zugrunde liegt:

  • »Sie sagten gerade, dass, wenn Michael Sie wirklich lieben würde, er Sie nicht ständig bei den Ausgaben kontrollieren würde. Gibt es noch andere Situationen, in denen Sie so fühlen? Also den Eindruck haben, dass Michael etwas anders machen würde, wenn er Sie denn wirklich liebte?«
  • »Wenn ich Sie richtig verstehe, dann führt Michaels Verhalten dazu, dass Sie an seiner Liebe zweifeln. Seit wann gibt es bei Ihnen solche Zweifel, und in welchen Situationen tauchen diese auf? Gibt es sie auch in anderen Situationen als solchen, die sich um Geld drehen?


Wenn es gelungen ist, mit einem der beiden Partner (oder auch beiden) herauszuarbeiten, dass ein wesentliches zugrundeliegendes Motiv das Gefühl des Geliebtwerdens ist, dann geht es in der therapeutischen Einflussnahme im Weiteren darum, das Paar darin zu unterstützen, funktionierende Strategien zur Erfüllung dieses Bedürfnisses herauszuarbeiten, die ihrerseits nicht quer liegen zu den Bedürfnissen des anderen Partners. Diese Zusammenhänge sollten durch den Therapeuten geklärt und das Paar zu funktionalen Strategien geführt werden:

  • »[…] Sie haben beide total gesunde und nachvollziehbare Bedürfnisse, und die gute Botschaft ist die, dass Sie Ihre Bedürfnisse auch noch wechselseitig gut finden und befriedigen möchten. Sie haben in den letzten Monaten / Jahren nur leider die Erfahrung gemacht, dass der Bereich ›Finanzen‹ dafür nicht gut geeignet ist. Menschen gehen nicht gut miteinander um, wenn ihre persönlichen Bedürfnisse nicht befriedigt sind. Wenn Sie, Frau Müller, sich nicht geliebt, und Sie, Herr Müller, sich nicht respektiert fühlen, dann kann eine Unterhaltung über das Thema Geld fast nur im Streit enden. Ich schlage Ihnen Folgendes vor, was meiner Erfahrung nach auch sehr hilfreich sein kann: Wir überlegen nun zuerst, auf genau welche Weise diese beiden Bedürfnisse nach Respekt und Sich-geliebt-Fühlen am besten befriedigt werden können, und zwar auf anderen ›Spielwiesen‹ als der des Geldes. Wenn Sie dann voneinander wieder stärker spüren, dass Ihrem Bedürfnis in Ihrer Beziehung zueinander entsprochen wird, dann und erst dann beschäftigen wir uns damit, wie konkret der Umgang mit dem Geld aussehen kann. Können Sie sich darauf einlassen?«


Im Dialogbeispiel hier wurde Respekt als Bedürfnis auf Seiten des Mannes verwendet, aber natürlich hätte es auch jedes andere Bedürfnis sein können. Im Weiteren geht es nun darum, für die Realisierung der dem Finanzstreit zugrundeliegenden Bedürfnisse gute Optionen zu finden (also in unserem konkreten Beispiel: Wodurch zeichnet sich »geliebt werden« für Maria konkret aus und wie kann das Paar dies real werden lassen – und entsprechend die vergleichbare Variante für Michael und den Respekt). Das Paar soll dadurch so gut es geht lernen, das Finanzielle von der Liebesbeziehung zu trennen. […]

Finanzen als Austragungsort eines Machtkampfes

Der Zusammenhang von Geld und Macht ist so offensichtlich, dass er kaum einer speziellen Erläuterung bedarf. Ähnlich klar ist, dass eine der vielen Dimensionen, die es in einer Partnerschaft zu klären gilt, die Machtdimension ist. Somit ist nicht verwunderlich, dass ein dem Finanzstreit zugrundeliegender Machtkampf zu den häufigsten Gründen gehört, die in diesen Fällen von Bedeutung sind. Machtkämpfe sind häufig ein Anzeichen bzw. die Folge von unklaren oder im Widerstreit miteinander stehenden Rollenmodellen. Vor beispielsweise 200 Jahren waren die Rollen in Partnerschaften deutlich einseitiger und klarer geregelt als heute: Es war relativ festgelegt, worum sich Männer gekümmert haben und wofür Frauen zuständig waren. Dies ist heutzutage zumindest in unserem Kulturkreis deutlich anders: Bei uns zählt das Ideal der Gleichberechtigung und Gleichbehandlung, was als eine große Errungenschaft zu bewerten ist, die aber nicht ohne konflikthafte Konsequenzen bleibt (von der Tatsache des an vielen Stellen nach wie vor großen Unterschiedes zwischen »Real« und »Ideal« einmal ganz abgesehen). Eine mögliche Antwort darauf, warum wir Gleichberechtigung als eine gute Entwicklung begreifen, hat mit Gerechtigkeit zu tun: Es ist schlicht fairer und gerechter, wenn in einer Gemeinschaft alle Personen vergleichbare Ressourcen, Chancen, Kontrolle, Optionen haben. Wir erachten dies auch für Partnerschaften als zentrales Funktionsprinzip: Eine im gleichberechtigten Sinne moderne Partnerschaft wird nur dann gelingen können, wenn beide Partner die Beziehung als »fair« und »gerecht« erleben. Einerseits kompliziert und andererseits im Alltag erst beziehungstauglich wird die Sachlage dadurch, dass sich »gerecht« hier eben nicht durch »gleich« ersetzen lässt: Es ist so gut wie unmöglich, dass in einer Partnerbeziehung beide Partner genau über die gleichen Ressourcen verfügen, gleich viel Geld verdienen, alle Entscheidungen exakt gleich-verteilt treffen usw. Zum Glück geht es im Ziel nicht darum, alles »gleich« zu machen, sondern dem Paar dabei zu helfen, dass beide ein Grundgefühl der Fairness entwickeln können. Es ist ein sehr zentrales Anliegen der Therapie, genau herauszufinden, was jeder von beiden dazu braucht. Umgekehrt ist bei Paaren, die sich mit einer Finanzproblematik in Therapie begeben, möglich, dass dieses Problem Ausdruck davon ist, dass einer von beiden oder beide Imbalance erlebten. […]

Obwohl viele Paare vordergründig »moderne« Ideen von Gleichberechtigung und Gleichbehandlung haben, kommt es im Streitfall nicht selten dazu, dass der Mehrverdiener (meistens der Mann) dann doch von »meinem Geld« spricht. Eine andere konkrete Ausdruckssituation für Machtkämpfe über Geld kann dann gegeben sein, wenn große Ausgaben nicht besprochen werden und einer von beiden seine Sachen im Alleingang entscheidet, obwohl dies dann bedeutet, dass andere Dinge (z. B. Urlaub) nicht mehr verwirklicht werden können. Wie auch immer die konkreten Beispiele aussehen mögen: Es geht darum, dem betroffenen Paar die Machtdynamik zu erläutern und mit beiden gemeinsam ein faires Modell zu finden, in dem sich beide angemessen behandelt fühlen. Ein solches Modell wird dabei nur temporär sein können: Mit einer Veränderung der Lebensumstände sind häufig auch Anpassungen im machtbezogenen Zusammenspiel nötig.

  • »[…] Wenn ich Sie richtig verstehe, dann prallen im Umgang mit Geld zwei Bedürfnisse aufeinander; Sie, Frau Müller, fühlen sich durch Michaels Verhalten entmachtet, klein gemacht, unfair behandelt. Und Sie, Herr Müller, geraten in Existenzängste, wenn Ihre Frau Geld für etwas ausgibt, das Ihrer Ansicht nach nicht nötig ist. Stimmt das so weitgehend?« – »Ja.« […] – »Wir leben in einem Land, in dem Gleichberechtigung von Mann und Frau hoch im Kurs stehen, insofern kann ich mit Ihrem Selbstverständnis als modernes Paar viel anfangen. Ich bin selbst auch davon überzeugt, dass eine Partnerschaft nur dann gelingen kann, wenn beide Partner sich in der Beziehung fair behandelt fühlen und ein grundsätzliches Gefühl von Gerechtigkeit besteht. […] Wenn Sie an Fairness und damit verwandte Ideen wie Aufgabenteilung, Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten usw. denken: Was alles, das in Ihrer Partnerschaft passiert, steht unter solchen Überschriften?« [In der Folge dem Paar dabei helfen, solche Bereiche wie Verteilung persönlicher Freizeit, Aufteilung der Arbeiten im Haushalt, Entscheidung über gemeinsam verbrachte Zeit, Zuständigkeit für Spezialaufgaben wie Steuererklärung etc. zu sichten und das Zusammenspiel zu verstehen.] »Okay, es ist schön zu sehen, dass Sie in verschiedenen Lebensbereichen sehr gute und für beide funktionierende Lösungen dafür gefunden haben, wie Sie die Dinge so machen können, dass Sie sich beide gerecht und fair behandelt fühlen. Interessant ist dabei auch, dass sich zeigt, dass es gar nicht auf Gleichheit ankommt. Sie, Herr Müller, zum Beispiel, machen jeden Dienstagabend drei Stunden Sport, Sie, Frau Müller, machen das gar nicht. Das ist ungleich, aber Sie haben kein Problem damit. Warum nicht?« – »Na ja, dafür kann ich am Wochenende immer ausschlafen und er kümmert sich um die Kinder. Außerdem bin ich ja froh, dass er Sport macht und so seine Gesundheit erhält.« – »Okay, in diesem Bereich hat es ganz offensichtlich mit dem Abgleich der Bedürfnisse gut geklappt und Sie haben ein Zusammenspiel gefunden, dass zwar ungleich ist, aber fair erlebt wird von beiden.« – »Stimmt.« – »Prima. Im Bereich Finanzen funktioniert das möglicherweise deshalb nicht, weil die jeweiligen Bedürfnisse bislang nicht in Übereinstimmung miteinander zu bringen waren. Wenn wir das schaffen, dann wird sich auch dieser Bereich deutlich entspannen.« – »Ja, aber wie soll das gehen?« – »Wir sind erst mal beim Verständnis und bei der Anerkennung der Bedürfnisse. Bringen wir es mal auf den Punkt: Herr Müller, billigen Sie Ihrer Frau insgesamt gesehen sozusagen den gleichen Anteil vom Gesamtkuchen zu, denken also, dass Ihnen beiden allgemein gesagt das Gleiche zusteht?« – »Ja, klar, aber—!« – »Stopp. Okay, und Sie, Frau Müller, möchten Sie, dass Michael ohne Existenzängste leben und sich wohl fühlen kann?« – »Natürlich, und wenn—!« – »Okay. Ich habe Sie beide sofort unterbrochen, weil ich stark davon ausgehe, dass Sie, Herr Müller, sagen wollten, dass Ihrer Frau zwar in der Summe das Gleiche zusteht wie Ihnen, sie aber bei vollem Zugriff das Geld verschwendet, und Sie, Frau Müller, Ihrem Mann keine Existenzängste wünschen, aber diese für völlig übertrieben halten. Stimmt das?« – »Ja!« – »Ich lade Sie beide jetzt dazu ein, die jeweiligen Wünsche und Ängste des anderen ernst zu nehmen und in einen Prozess einzusteigen, an dessen Ende Sie, Frau Müller, sich stärker gleichberechtigt fühlen werden, und gleichzeitig Sie, Herr Müller, weniger Ängste verspüren. Wollen Sie da mitmachen?« – »Natürlich, aber das wäre ein Kunststück!« – »Ja, es wird auch bestimmt nicht einfach, denn dies kann nur gelingen, wenn Sie damit beginnen, sich für das, was den anderen bewegt, zu öffnen, auch wenn Sie es im Moment noch für Quatsch halten. Versuchen Sie einmal, sich gegenseitig zu sagen, was wir jetzt als Wesentliches herausgefunden haben, und das mit einer positiven Botschaft zu verbinden.« – »Äh …« – »Keine Sorge, ich helfe dabei und spreche jetzt erstmal für den einen von Ihnen, und Sie korrigieren mich, wenn ich etwas Falsches sage, und wir arbeiten daran so lange, bis es passt. Okay? Für wen darf ich zuerst sprechen?« – Frau Müller: »Für mich.« – »Okay. Also [jetzt in Frau Müllers Rolle gehen und den Mann ansprechen]: ›Michael, ich habe verstanden, dass du dir Sorgen um unsere Existenzsicherheit machst. Ich möchte dazu beitragen, diese Sorgen zu reduzieren, denn ich möchte nicht, dass du Angst hast, wenn ich es verhindern kann. Bitte erkläre mir deine Sorgen so, dass ich sie besser begreifen kann, und dann sag mir, was du von mir bräuchtest, um dich wohler zu fühlen.‹ Frau Müller, könnten Sie das so sagen, oder klingt daran etwas falsch?« – »Das passt schon so. Soll ich das jetzt so sagen?« – »Ja, bitte, und anschließend machen wir es dann andersherum, okay?« [anschließend die Partner durch eine Untersuchung der Bedürfnisse des jeweils anderen hindurch geleiten] »Okay, wenn Sie voneinander hören, dass Sie die Bedürfnisse des jeweils anderen ganz gesund und angemessen finden und Sie dem gerne entsprechen mögen – wie ist das?« – »Schön natürlich, wenn es bloß funktionieren würde!« – »Das ist der nächste Schritt. Sie haben sich ja auch viel darüber gesagt, was Sie sich konkret vom jeweils anderen wünschen. Das waren zum Teil sehr unterschiedliche Dinge – sowie mit dem Sport am Dienstag und dem Wochenend-Ausschlafen. Sie können nun versuchen, sich langsam und Schritt für Schritt aus der Dynamik herauszuarbeiten, in der Sie in der letzten Zeit gefangen waren. Also konkret: Sie, Frau Müller, horchen in sich hinein, was von dem, was Michael sich zur Beruhigung seiner Existenzängste wünscht, Sie mit gutem Gefühl tun können. Und umgekehrt prüfen Sie, Michael, welchen von Marias Wünschen zur Steigerung ihrer Kontrolle über die Geldmittel in der Partnerschaft Sie erfüllen möchten. Wollen Sie das versuchen?«


Im Weiteren geht es darum, Schritt um Schritt den konkreten Umgang des Paares miteinander so zu verändern, dass der Partner, der sich entmachtet fühlt, nach und nach ein gestärktes Gefühl von Fairness entwickeln kann. Dies soll auf der Basis konkreter Vereinbarungen und Veränderungen in der Alltagspraxis geschehen. Wenn erkennbar ist, dass das Paar Veränderungen verwirklicht, die sich in die erwünschte Richtung auswirken, dann ist wesentlich, dem Paar nochmals die Dynamik im Verlauf zu erläutern. Es soll also dargestellt werden, dass sich im Lebensverlauf die erlebte Balance wieder verschieben kann und dann wiederum Veränderungen notwendig sein können. Diese sollten nicht zu lange aufgeschoben werden. In diesem Sinne ist es in Ordnung, wenn einer der Partner für eine gewisse und nach Möglichkeit vorher klar definierte Phase zurücksteckt (z. B. in der eigenen beruflichen Entwicklung, um dem Partner einen eigenen Karrieresprung zu ermöglichen), aber der Ausgleich hierfür darf nicht zu spät erfolgen. Ansonsten kann so etwas entstehen wie eine »große Lebensenttäuschung«, die dann gar nicht mehr wieder einzufangen ist.

Finanzen gebunden an den Selbstwert

Im vorangegangenen Abschnitt ging es um die mit Geld offensichtlich verbundene Machtdimension, die schon alleine für sich eine große Bedeutung und Wirkung innerhalb der Partnerschaft annehmen kann. In einem spezifischeren Sinne kann es auch sein, dass sich für eine Person aus dem Verdienst und den kontrollierten Finanzressourcen unmittelbar der Selbstwert ergibt oder zumindest deutlich davon abhängt. In solch einem Falle sind finanzielle Probleme und Konflikte dann möglicherweise selbstwertschädigend und damit noch ungünstiger. Gerade für Männer kann es sehr kränkend sein, wenn die Partnerin durch finanzielle Unabhängigkeit keinen Mann »braucht«, um das Leben zu gestalten. Hierin können sich in Kontrast zum oben erläuterten modernen Beziehungsmodell der Gleichberechtigung und Gleichbehandlung sozusagen »archaische Strukturen« andeuten (»Der Mann bringt die Beute nach Hause, ohne die die Familie nicht überleben kann«). Noch weiter spitzt sich die Problematik möglicherweise zu, wenn die Frau beruflich so erfolgreich ist, dass sie den Mann irgendwann im Einkommen überflügelt. Dies kann für den betroffenen Mann bei einer Verknüpfung von Geld und Selbstwert die eigene Bedeutsamkeit in Frage stellen.

Nachdem in den beiden vorangegangenen Abschnitten sehr ausführlich unter Einbindung detaillierter Dialogbeispiele illustriert wurde, wie die Arbeit mit zugrundeliegenden Motiven aussieht, soll an dieser Stelle auf eine ähnlich ausgiebige Darstellung verzichtet werden. Wesentlich ist die Erkenntnis, dass wie nun schon als Muster etabliert wiederum zwei Bedürfnisse in Widerspruch geraten: auf Seiten des Mannes (um im Klischee zu bleiben; aber natürlich sind auch Konstellationen mit Frauen als die Betroffenen denkbar) das Bedürfnis nach Wichtigkeit und Wert, und auf Seiten der Frau zum Beispiel das Bedürfnis nach Unabhängigkeit (s. dazu den nächsten Abschnitt) oder ein anderes zentrales Motiv. Diese Motive gilt es zu klären und im therapeutischen Prozess so weit zu führen, dass Verwirklichungsideen gefunden werden, die möglichst wenig Konfliktpotenzial beinhalten.

Finanzen als Austragungsort eines Unabhängigkeitsstrebens

In einer Partnerschaft finden sich zwei Individuen zusammen, die von da an als Paar weiterleben, aber natürlich auch als Einzelpersonen weiter existieren. Es wurde in den vorangegangenen Abschnitten verschiedentlich angedeutet, dass ein Paar im Interesse einer gelingenden Partnerschaft mehrere Dimensionen zu klären und Positionen zu besetzen hat – die Abhängigkeitsdimension ist eine weitere davon. Partnerschaft insbesondere in ihrer Liebesdimension setzt dabei ganz auf Verschmelzung. »Ich kann ohne dich nicht leben«, »Du bist mein Ein und Alles«, »Ohne dich macht für mich nichts mehr einen Sinn« sind einige von vielen möglichen Sätzen, die die abhängige Tendenz in der romantischen Verklärung aufzeigen. In der Phase der frischen Verliebtheit gibt es Unabhängigkeit nicht als Thema. In einer fortdauernden Beziehung wird die Unabhängigkeit aber irgendwann wieder als wesentliche Komponente auftauchen – möglicherweise auch als ein mehr oder weniger bewusster Wunsch, der nicht offen zugegeben werden kann. Die Angst, die hinter diesem Unabhängigkeitsbestreben liegt, ist häufig die, sich im anderen und in der Liebe zu verlieren und somit die Kontrolle/Autonomie über das eigene Leben zu verlieren. Meistens finden sich in der Biografie von Personen, bei denen die Verbindung von »Unabhängigkeit« und »Geld« zu Partnerschaftsproblemen führt, prägende Ereignisse, die erklären, wie es zu diesem ausgeprägten Unabhängigkeitsbestreben kommt und wovor genau es schützen soll. Zum tieferen Verständnis dieser Dynamik empfehlen wir an dieser Stelle wieder ein Vorgehen nach dem schematherapeutischen Modell, da ein Verständnis für die »hintere Bühne« mit Bezug zur Biografie hilfreich ist, um das vordergründige Verhalten einordnen zu können. Das Bestreben, um jeden Preis unabhängig zu sein, bildet sozusagen den Gegenpol zu dem Wunsch, in Liebe verschmolzen zu sein. […]Der Versuch, ausschließlich auf Unabhängigkeit zu setzen, verhindert zwangsläufig partnerschaftliche Nähe, so wie der Versuch, ausschließlich auf Verschmelzung zu setzen, langfristig nicht gelingen kann und nicht realitätstauglich ist. Wenn sich diese Problemdynamik bei einem Paar auf der Aktionsebene »Finanzen« zeigt, so geht es nach den nun schon bewährten Mustern darum, die zugrundeliegenden Bedürfnisse und Motive zu erhellen und in die Balance zu bringen. […]

Weitere Ursachen finanzieller Probleme

Wir haben in den bisherigen Abschnitten die wichtigsten Motive ausgeführt, die einer finanziellen Streitigkeit in der Partnerschaft zugrunde liegen können. Therapeuten sollten aber nicht auf diese Konzepte festgelegt sein und »nur nach ihnen suchen«, sondern möglichst offen auf das hören, was die Partner als ihre Motive und Bedürfnisse bezeichnen. Als nicht so naheliegendes Grundthema möchten wir hier noch auf Loyalitätskonflikte hinweisen. Diese Konstellation kann sich z. B. häufig dann ergeben, wenn es um eine Erbschaft geht. Wenn Kinder erben, dann steht hinter dem Erbe meistens die explizite oder implizite Botschaft der Eltern, dass es den Kindern doch gut gehen möge. Aus der Loyalität gegenüber den Eltern kann dadurch bei dem Erben das Motiv entstehen, die Eltern, ihr Andenken und das Erbe selbst zu würdigen und deshalb zum Beispiel das Erbe nicht zu teilen. Dann wird ihnen vom Partner möglicherweise etwas als geizig und feindselig ausgelegt, was tatsächlich ganz anders motiviert ist.

Weber (2013) weist darüber hinausgehend darauf hin, dass der Umgang mit Geld häufig sehr geprägt durch den Umgang mit Geld in der Herkunftsfamilie sein kann. Selbst wenn Partner aus ähnlichen Verhältnissen stammen, kann es dennoch sein, dass mit dem Geld sehr unterschiedlich umgegangen wurde – vielleicht haben die Eltern in der einen Familie einen großzügigen Stil vorgelebt, während in der anderen Familie sehr aufs Geld geachtet wurde: »Die Loyalitäten an diese Prägungen und darüber an die eigene Herkunftsfamilie können hier sehr stark sein und Veränderung wie ein Loyalitätsbruch erlebt werden« (Weber, 2013, S. 37). Neben den genannten Beispielen gibt es sicher auch noch zahlreiche andere Themen, die sich als eigentliches Motiv hinter dem Thema »Geld« verbergen können. In allen Fällen geht es wie bereits illustriert um eine Erhellung dieser Motive und der damit verbundenen Bedürfnisse und die therapeutische Arbeit zuerst mit diesen Bedürfnissen, bevor im Anschluss gegebenenfalls noch weitergehend an dem Thema »Finanzen« selbst gearbeitet wird. Bei diesem abschließenden Schritt können die Hinweise im folgenden Abschnitt hilfreich sein.

Organisatorische Gedanken zum Umgang mit Geld in der Partnerschaft

Wenn es um die Finanzen geht, dann sollte einem Paar vermittelt werden, dass alles, was mit Geld zu tun hat, so weit wie möglich auf der partnerschaftlichen Ebene verhandelt und nicht mit der Liebesbeziehung verquickt werden sollte. Im Mittelpunkt steht hier, ein »gerechtes« Modell zu finden. Es sollte bei Streitigkeiten immer wieder auf diese Trennung geachtet und genau geprüft werden, welcher Anteil tatsächlich mit Geld zu tun hat und welcher Anteil mit anderen Motiven verbunden ist, welche dann wiederum separat und unabhängig vom Geld geklärt werden sollten.

Weber (2013) gibt konkrete Hinweise, wie eine »faire« Organisation der finanziellen Situation aussehen könnte und empfiehlt die »Dreikontenvariante«, eine auch aus unserer Sicht bewährte Möglichkeit. Jeder der Partner hat ein eigenes Konto und daneben gibt es ein gemeinsames Konto für die gemeinsamen Ausgaben. Wer wieviel auf das gemeinsame Konto einzahlt, wird prozentual vom Verdienst abhängig gemacht. Wenn es nur einen »Verdiener« gibt, lautet Webers Vorschlag, die Hälfte des Gehalts dem anderen auf sein Konto zu überweisen und auch die Altersvorsorge im Vorfeld zu klären. Wir erachten diese Idee als guten Versuch, »Gerechtigkeit« herzustellen, die wir bei diesem Thema als das zentrale Ziel sehen. Wir würden dennoch nicht so weit gehen, dieses Modell als die Lösung zu betrachten, sondern als eine gute Möglichkeit – ohne Zweifel können auch andere Modelle funktionieren. Sobald das Thema »Geld« von den daran hängenden eigentlichen Konflikten »befreit« wurde, wäre der nächste Schritt auf jeden Fall, nun eine »faire« Lösung anzustreben. Dazu müssen in einem ersten Schritt alle Einnahmen und Ausgaben erfasst werden, was unter Umständen am besten durch eine Erfassung im monatlichen Verlauf geschieht oder aber – noch umfassender und gründlicher – auf der Basis der Kontoauszüge eines Jahres oder eines anderen gewählten stellvertretenden Zeitraums geschehen kann. Dann erarbeiten beide für sich Vorschläge, wie nach ihrer jeweiligen Auffassung eine gerechte Verteilung aussehen könnte, und diese Vorschläge werden abschließend solange verhandelt, bis ein Kompromiss gefunden wurde. Dabei muss fortlaufend geprüft werden, ob der jeweilige Verhandlungsstand sich für beide als annehmbar und fair darstellt oder ob dieses Gefühl an irgendeiner Stelle verloren geht. Dann muss sofort geprüft werden, woran dies liegt und ob sich wieder ein anderes Thema in die Verhandlungen eingeschlichen hat.

Konkrete Fragen, die dabei helfen können, mit Paaren das Thema Geld zu reflektieren, beschreibt Shapiro (2011), woran wir uns in den folgenden Beispielen anlehnen. Derartige Fragen könnten beispielsweise vorbereitend beiden Partnern gegeben werden, um dann bereits in der Beratung mit klaren Ideen arbeiten zu können.

  • Wollen die Partner ein gemeinsames Konto führen oder mehrere verschiedene und was bedeuten die unterschiedlichen Varianten jeweils für sie?
  • Wieviel persönlichen Spielraum soll jeder Partner in Bezug auf Rücklagen, Anschaffungen und Organisation der Finanzen haben?
  • Welche Entscheidungen sollen im Ermessen des Einzelnen liegen, welche gemeinsam getroffen werden?
  • Wollen die Partner eine Preisgrenze festlegen, ab der sie miteinander über eine Anschaffung beratschlagen?
  • Wie wollen die Partner damit umgehen, wenn einer erbt?
  • Wie wollen die Partner mit »Extraeinnahmen« (z. B. Bonus beim Arbeiten, Geldgeschenk durch die Eltern etc.) umgehen?


Wenn ein Baby dazukommt:

  • Wer arbeitet wieviel und welche Folgerungen ergeben sich daraus für die finanzielle Situation?
  •  Wie können Ausgleiche geschaffen werden, sodass beide Partner ein Gefühl von »Gerechtigkeit« haben?


Weiterhin ist es auch zu empfehlen, miteinander darüber zu sprechen, welche Wünsche, Erwartungen und Absicherungen es im Falle des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit eines der Partner gibt. Insgesamt sollten unverheiratete Paare und gleichgeschlechtliche Paare darauf hingewiesen werden, dass meistens rechtswirksame Dokumente vonnöten sind, um eine finanzielle Regelung abzusichern.

Mit diesem »Gesamtprogramm« aus einleitender Bearbeitung zugrundeliegender Konflikte (stärker therapeutischer Anteil) und der daran sich anschließenden organisatorischen Findung eines finanziellen Modells (stärker edukativer Anteil) sollten sich bei den meisten Paaren deutliche Verbesserungen im Umgang mit dem Geld erreichen lassen.

Dos

  • Trennen von Liebe und Partnerschaft und Einordnen der finanziellen Thematik auf der partnerschaftlichen Ebene
  • Verstehen, was an der finanziellen Thematik »eigentlich dran hängt«
  • Bearbeiten des dahinter liegenden Konfliktes
  • Pragmatische »gerechte« Lösung verhandeln

Don’ts

  • Direkt in den Inhalt einsteigen und versuchen, den Konflikt dort zu lösen (»Alles klar, es geht ums Geld, dann lassen Sie uns mal Ihre Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellen …«)
  • Ohne zu verstehen, worum es eigentlich geht, versuchen, auf Pragmatismus zu drängen (falsche Reihenfolge: erst dahinterliegende Konflikte, dann pragmatische organisatorische Lösung)
  • Das eigene Konzept aufdrängen (»Also ich fände es am besten, wenn Sie …«)
  • Einseitig Partei ergreifen (»Na ja, Herr Müller, Ihre Frau hat schon Recht. Wenn Sie sie wirklich lieben würden, würden Sie sich doch nicht so verhalten …«)


Literatur

Leseprobe aus: Frank-Noyon Ÿ Noyon (2016) Schwierige Situationen in der Arbeit mit Paaren. Weinheim: Beltz.

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